Ambition allein reicht nicht

Foto: Arthur Schönbein

Das „Olbrick“ in der Frankfurter Straße scheitert (noch) an den eigenen Ansprüchen

Mit dem „Olbrick“ wollen die Macher der Kranichsteiner Sattlerei ein neues Genuss- und Restauranterlebnis nach Darmstadt bringen. „Casual Fine Dining“ soll in der Frankfurter Straße auf dem Programm stehen, viel wurde in Inneneinrichtung und Marketing investiert. Doch beim ersten Besuch scheitert vor allem die Küche an den eigenen Ansprüchen.

Schon das Stöbern auf der Webseite versprach einen außergewöhnlichen Abend: Zwar bleibt die Frage ungeklärt, warum das Restaurant nach Joseph Maria Olbrich benannt, der letzte Konsonant aber ausgetauscht wurde. Aber die perfekt fotografierten Speisen, ein motiviert wirkendes Team und bestes Essen und Trinken in entspannter Atmosphäre wirken einladend und vielversprechen. Soviel zum Versprechen des „Olbrick“. Dann mal los:

Wir betreten einen in modern-warmen petrolblau gestalteten Raum mit einer Decke aus künstlichen Grünpflanzen und hören leise Vogel- und Waldgeräusche. Von diesem Empfangs- und Loungebereich gehen wir an einem modernen Tresen vorbei ins eigentliche Restaurant. Dabei erhaschen wir einen Blick auf die halb-offene Küche. Es wird kräftig gewerkelt, nur leider verwandeln die offenen Wände an diesem heißen Sommertag den Raum geruchsmäßig in den Marseiller Fischmarkt an einem Freitagabend. Die Stühle sind bequem-chillig-plüschig, das Besteck knallgold. Wegen des Geruchs entscheiden wir uns aber trotzdem für einen Platz auf der Terrasse. Dort sind Besteck und Lampen zwar auch gülden und die gedeckten Tische sehen entsprechend einladend aus. Wir sitzen aber auf ziemlich harten Holzstühlen an Biergartenmobiliar, das zum Teil auch noch von einer Brauerei stammt, deren Bier es hier gar nicht zu trinken gibt. Dafür aber Heineken vom Faß – der perfekte Prä-Aperitif, der uns die harten Stühle erstmal vergessen lässt.
Die Vorfreude steigt beim Lesen der Speisekarte: Ein 1 mal 1 der gehobenen Küche mit Variationen vieler Klassiker der großen deutschen Sterneköche von Dieter Müller bis Harald Wohlfahrt. Über die Tatsache, dass die wirklich nette und auch bemühte Servicekraft den Unterschied zwischen Champagner und Sekt aus dem Rheingau nicht kennt, lächeln wir noch hinweg – viel- leicht ist das mit „casual“ gemeint. „Fine Dining“ beginnt dann aber ohne Brot und auch ohne einen Gruß aus der Küche, was an unserem Tisch erstmals ein Gespräch darüber auslöst, ob Ambition und Wirklichkeit im „Olbrick“ eventuell noch nicht so ganz zusammenpassen.
Aber wir bleiben gespannt auf die Vorspeisen, denn die Karte verspricht wie gesagt vieles: Das Lachs-Sashimi wird mit Glashaube serviert, unter der es raucht. Der Effekt verpufft schnell, übrig bleibt ein farbenfroher Teller mit einer ordentlichen, aber aromatisch langweiligen Fischvorspeise. Gleiches gilt für die Hummersuppe. Spektakulär misslingt der Küche gar das „Rossini Canard“: Rinderfilet und vor allem die feine Entenleber sind leider totgegart, die Portweinsoße und die Zwiebelmarmelade dafür gänzlich ungewürzt.
Das Garzeitenproblem taucht bei der Hauptspeise erneut auf, die beiden Kalbsfilets am Tisch sind weit von rosa, der Seeteufel noch weiter von glasig entfernt. Zudem haben sich viel zu viele Komponenten auf den Teller verirrt. Wer möchte ernsthaft sein Kalbsfilet in Sherrysauce und auch noch in Rahmpilzen ertränken und dazu zwei Stangen Wildbrokkoli und Pastinakenpüree essen? Eine Aromenkombination die ungefähr so viel Sinn macht, wie ein Snickers zu einem Glas Champagner.
Die kurze Fachsimpelei mit einer anderen – ebenfalls sehr aufmerksamen und freundlichen – Servicekraft über Südtiroler Sauvignon Blanc macht dann klar, dass im „Olbrick“ keine Ahnungslosen am Werk sind. Aber es scheint, als habe man zunächst mal in den Schein, statt ins Sein investiert. Die beste Story, die schönste Inneneinrichtung, die perfekt aussehenden Teller bringen solange nichts, wie die Küche das Versprechen „Fine Dining“ nicht einlösen kann.

Von Michael Ortmanns

Olbrick
0 6151 629 01 60
info@olbrick-darmstadt.de
Frankfurter Straße 67
Dienstag bis Samstag ab 17:30 Uhr geöffnet
Sonntag und Montag Ruhetag

Foto: Michael Ortmanns
Foto: Arthur Schönbein

 

 

1 Kommentar

  1. Vermutlich beinhaltet der Name ein Wortspiel – Remineszens an Olbrich, aber auch Anklang an Ol’Brick = Old Brick, also “alter Backstein”, aus dem die Fassade des Gebäudes besteht…

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