Das Maiglöckchen

Fotos: Carola Diehl

Nostalgie im Gartenbeet

Bezaubernde weiße Glöckchen, kräftige grüne Blätter, ein betörender Duft, das Maiglöckchen weckt Erinnerungen an Großmutters kleine Vase auf der Kaffeetafel, an einen Brautstrauß auf einer Hochzeit im Mai.

Das Maiglöckchen „Convallaria majalis“ gehört zur Familie der Spargelgewächse, früher zählte man es zu den Liliengewächsen. Die englische Bezeichnung lautet „lily of the valley“, Convallis bedeutet „Tal“ und majalis steht für den Monat Mai. Im Frühjahr schieben sich kleine grüne Spitzen aus dem Boden, die sich rasch zu kräftigen schwertförmigen Blättern entwickeln. Die Blütenstiele sind leicht gebogen und tragen kleine, stark duftende Blütenglöckchen, die sich über den Sommer zu roten Beeren entwickeln. Die zierliche Staude wird etwa 20 cm hoch, sie verbreitet sich durch kräftige Rhizome, die bis zu 50 cm tief wurzeln können. Sie wächst am liebsten im Halbschatten unter Gehölzen, auch in lichten Buchen- und Eichenwäldern bildet sie große Blütenteppiche.

Der Salomonsiegel „Polygonatum odoratum“ ist der große Bruder des Maiglöckchens, er wird auch als „Maiglöckchen unterm Dach“ bezeichnet. Die elegante Schattenstaude bildet bis zu 80 cm hohe, bogig überhängende Stängel, deren Blätter die cremeweißen tropfenförmigen Blüten beschatten. Sie sind in kleinen Büscheln angeordnet und haben einen zarten hellgrünen Rand. Wenn der Stängel im Herbst abgestorben ist, erkennt man an der Stelle, wo er sich befand, ein besonderes Muster, das an das Siegel Salomons erinnern soll.

Das Maiglöckchen wurde früher als Heilpflanze sehr geschätzt, allerdings ist es in allen Teilen stark giftig. Es galt als Symbol der Heilkunde, Porträts berühmter Ärzte des 16. und 17. Jahrhunderts wurden oftmals mit einem Maiglöckchen dargestellt. Außerdem steht es für Liebe, Hoffnung und Glück und auch für Demut und Reinheit, aus christlicher Sicht zählt es zu den Marienblumen, auf zahlreichen Altarbildern kann man das Maiglöckchen entdecken. In Frankreich verschenkt man zum 1. Mai kleine Sträuße als Glücksbringer an Menschen, die man liebt.

Der besondere Duft der Pflanze, der nach dem Dichter Heinrich Heine „das Eis des Winters und der Herzen bricht“, spielt in der Welt der Parfumeure eine herausragende Rolle. Die zart-blumige, liebliche Note findet in vielen Parfums als Herznote Verwendung. Der Klassiker des Maiglöckchen-Duftes ist das Parfum „Diorissimo“ des Designers Christian Dior. Maiglöckchen waren seine Lieblingsblumen, das Symbol seines Hauses und seine Glücksbringer, die er sogar in den Saum seiner Couture-Modelle einnähen ließ.

Text: Carola Diehl

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