Den Bock umstoßen

Foto: Lars Nissen auf Pixabay

Darmstädter Sprachkultur – eine Glosse

Der SV Darmstadt 98 hat es getan. Zweimal sogar. Er hat den Bock umgestoßen. Erst mit dem ersten Auswärtssieg. Dann mit dem zweiten Sieg in der Saison hintereinander. Das ist eine tolle Leistung, die absoluten Respekt verdient.

Persönlich habe ich das noch nie geschafft. Im Schulsport habe ich dazu als minderbegabter Gerätesportler ein paar unfreiwillige Anläufe genommen. Einmal habe ich mich beim Sprung über den Bock auch böse auf die Schnauze gelegt. Aber umgestoßen habe ich ihn nie. Der stand viel zu fest und war viel zu schwer.

Wahrscheinlich muss man dazu Leistungssportler sein. Denn die stoßen gerne mal den Bock um – sagen sie zumindest. Und das nicht nur in Darmstadt. Trainer Torsten Lieberknecht hatte vor dem ersten Sieg auf einem fremden Platz noch gesagt, dass er auswärts die Wucht vermisse, damit man mal den Bock umstoße. Und diese Wucht hat eben nicht jeder.

Wobei ohnehin nicht so ganz klar ist, welcher Bock eigentlich gemeint ist. Das kann nämlich unter Umständen eine ziemlich heikle Sache werden. Wer gegen den 1. FC Köln den Maskottchen-(Geiß)Bock umstößt, bekommt nicht nur Ärger mit den örtlichen Fans, sondern wahrscheinlich auch mit dem Tierschutz.

Noch schlimmer ist es natürlich, einen Bock zu schießen. Das bockt nun wirklich niemanden, würden meine Kinder jetzt sagen. Denn klar ist: Wer einen Bock schießt, kann ihn danach nicht mehr umstoßen. Und das Umstoßen ist ja erstrebenswert.

Zu überlegen ist zudem, wie man damit umgeht, wenn man vorher den Bock zum Gärtner gemacht hat. Kann man dann auch den Gärtner umstoßen? Ist das womöglich eine Tätlichkeit. Oder kann man auch einen Gärtner schießen, wenn er ja eigentlich ein Bock ist?

Alles ganz schön kompliziert. Aber zurück zum Ausgangsthema. Im konkreten Fall tut es vielleicht einfach nur der Satz: Die Lilien haben erstmals in der Saison ein Auswärtsspiel gewonnen. Und dann haben sie erstmals hintereinander sogar zwei Spiele hintereinander gewonnen. Da hatten Mannschaft und Fans nämlich so richtig Bock drauf.

 

Stephan Köhnlein ist Wahl-Heiner seit 1998 und eigentlich ganz gut integriert. Nur die Sprache der Einheimischen versetzt ihn bis heute immer wieder aufs Neue ins Wundern, Staunen und Schmunzeln. Seine Fundstücke präsentiert er in dieser Kolumne – natürlich immer mit einem Augenzwinkern.

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