Der Frauenmantel

Foto: Carola Diehl

Die kleine Alchemistin

In den frühen Morgenstunden, wenn es noch kühl und frisch ist im Garten, beschenkt uns der Frauenmantel mit ganz besonderen Momenten. Auf seinen Blättern funkeln Wassertropfen wie Perlen.

Der Frauenmantel, Alchemilla, gehört zur Familie der Rosengewächse. In Europa, Asien und Afrika wächst er in der freien Natur im Gebirge, aber auch auf feuchten Wiesen. Man unterscheidet etwa 1000 Arten.
Der Frauenmantel, den wir im Garten kennen, wird etwa 30 cm hoch. Die Form seiner Blätter, die wie ein weiter, in Falten gelegter Umhang aussehen, gaben ihm seinen Namen. Ihre Oberfläche ist weich wie Samt. Ab Mitte Mai bilden sich an kräftigen Stielen kleine Büschel unzähliger, winziger, gelbgrüner Sternchenblüten. Duftig und zart passen sie sich jeder Farbkomposition ihrer Umgebung an. Wegen der geringen Höhe, der langen Blütezeit und der hübschen Blätter, wirkt die Pflanze besonders gut an Wegrändern. Sie ist mehrjährig, bildet schnell dichte Bestände und sät sich auch gerne selber aus.
Nach einem Regenguss bleiben einzelne Tropfen noch lange dekorativ auf den Blättern liegen. Allerdings sind die Tropfen, die wir am frühen Morgen entdecken, nicht nur Regen- oder Tautropfen. Die Pflanze transportiert Mineralstoffe über die Wurzeln in die Blätter und scheidet dabei überschüssiges Wasser über kleine Drüsen, die an den Blatträndern sitzen, aus. Dieses Guttationswasser sammelt sich schließlich in der Mitte des Blattes zu einem großen Tropfen.
Druiden sammelten das von der Pflanze gefilterte Wasser, es diente zur kultischen Reinigung. Alchemisten, die im Mittelalter mit den unterschiedlichsten Stoffen experimentierten, nutzten es um daraus den „Stein der Weisen“ zu bereiten, mit dessen Hilfe sich unedles Metall in Gold verwandeln sollte und Krankheit in Gesundheit. Daher stammt der botanische Name Alchemilla.
Seit dem Mittelalter wird Frauenmantel als Heilpflanze angebaut.
Aus Blüten und Blättern lassen sich Tee und Tinkturen zubereiten, die entzündungshemmend, krampflösend und kräftigend wirken sollen. Aus den biegsamen Blütenstängeln lässt sich leicht ein kleiner Kranz binden, am Haus aufgehängt soll er vor Blitzschlag schützen. Der Frauenmantel trägt noch viele weitere Namen: Gewittergras, Regendachl, Marienmantel, Frauentrost, Perlkraut, Taubecher…

Text: Carola Diehl

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