Die Bäume im Winter

Fotos: Carola Diehl

Skulpturen der Natur

Hat der Wind die letzten Blätter weggeweht, zeigt sich der Baum in seiner Ursprünglichkeit, seine Silhouette erscheint wie ein Scherenschnitt. Seine Wurzeln sind fest in der Erde verankert, die Struktur der Rinde verleiht ihm ein Gesicht und starke Äste verzweigen sich zart bis in den Himmel hinein.

Im Winter steht den Bäumen wenig Tageslicht zur Verfügung, die Temperatur ist niedrig, der Boden oft gefroren, deshalb ist die Photosynthese erschwert, und die Wurzeln können nur wenig Wasser aufsaugen. Also begibt sich der Baum in die Winterruhe, er zieht alle noch verfügbaren Stoffe aus den Blättern in Stamm und Wurzeln zurück und wirft die Blätter ab. Damit verkleinert er auch seine Oberfläche, bei Schneefall werden seine Äste nicht so leicht abbrechen. Das herabgefallene Laub schützt die Wurzeln vor Kälte und verwandelt sich in nährstoffreiche Erde. Dieser stetige Wechsel von Wachstumsphase und Winterruhe zeigt sich in den Jahresringen im Stamm eines Baumes, hier lässt sich erforschen wie es dem Baum erging, ob es trockene Sommer oder lange Winter gab.

An den immergrünen Nadelbäumen lässt sich der Wechsel der Jahreszeiten nicht so deutlich erkennen, die Laubbäume dagegen, die sich jetzt im Winter unbelaubt zeigen, lenken unsere Blicke auf ihre Wuchsform, ihre Rinde, auf zarte Knospen, die schon für den Austrieb im Frühling angelegt sind. Junge Bäume haben eine glatte Rinde, mit den Jahren wird sie meist rissig oder schuppig, bei alten Birnbäumen würfelförmig geschuppt. Die Birke ist an ihrer weißen Rinde klar erkennbar, sie schützt den Stamm vor starker Sonnenbestrahlung. Die Platane erneuert den äußeren Bereich der Rinde, die Borke, unaufhörlich und stößt sie in großen Platten ab, dadurch entsteht ein ganz besonderes Muster. Die Korkeiche ist gut vor Hitze geschützt und kann alle zehn Jahre am Stamm abgeschält werden, um Kork zu gewinnen. Zimtstangen sind die abgeschälte Rinde des Zimtbaumes.

Menschen und Bäume sind schon immer eng verbunden, ein Baum spendet Schutz und Schatten, er kann Nahrung und Baumaterial liefern, er sorgt für Sauerstoff. In Legenden und Märchen besitzen Bäume eine Seele oder sind der Wohnsitz von Göttern, Nymphen oder Hexen, zuweilen tragen sie goldene Äpfel. In der Bibel wird vom Baum der Erkenntnis und vom Baum des Lebens erzählt, die sich in der Mitte des Paradiesgartens befinden sollen. Bäume begleiten uns traditionell zu den unterschiedlichsten Begebenheiten: als Maibaum, Weihnachtsbaum, als geschmücktes Bäumchen zum Richtfest, als Hausbaum und Blätterdach im Biergarten. Bäume können uralt werden und mehrere Generationen überleben. Zu den größten Bäumen der Welt gehört der Küstenmammutbaum „Hyperion“ im Redwood Nationalpark in Kalifornien, er hat eine Höhe von 115,72 Meter. Die Fichte „Old Tjikko“ in Schweden blickt auf ihr Wurzelsystem herab, das über 9550 Jahre alt sein soll. Dazu sagt ein Sprichwort: „Die beste Zeit einen Baum zu pflanzen, war vor zwanzig Jahren. Die nächstbeste Zeit ist jetzt.“

Text: Carola Diehl

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