GEPFLEGT GEHT ES ZU BEI UNS

Einer gegen Palaver; er schweigt, bis er was zu sagen hat: Fabian Lau.

Sr. Fabian plaudert aus dem Verbandskästchen

„Fachkräftemangel“ ist allerorten und grad zu jeder Zeit zu lesen und zu hören. Und zu bemerken leider auch. Und auch Nicht-vom-Fach-Kräfte werden gesucht, denn die Arbeit muss getan werden, und Hemden verkaufen kann vielleicht auch die Kranführerin und Kinder erziehen der Postbote. Und die Pflegekraft kann auch Gläser spülen, klar.

Keine 500 Meter muss ich durch die Stadt gehen und habe schon drei Jobangebote oder vier: An Restaurants und Kaffeebars hängen verzweifelte Schilder und wollen: Mich. Aber dann bin ich doch schon da, wo ich hin gehöre und wo ich auch sein will: Am Krankenbett. Denn Stellenvakanz und Nachwuchssorgen kennen wir dort ebenso, und das nicht erst seit Pandemie und Putin. Bei uns ist der Mangel Tradition seit wir nicht mehr die höheren Töchter des Roten Kreuzes sind, sondern Geld verdienen wollen; denn das verdienen wir. Und zwar jeden Tag. Und zwar mit Leidenschaft; anders geht es kaum.

„Vollblutmusiker“ wurde ich schon geheissen, und „Wortakrobat“, dieses Grauen an eigentlich wohlmeinender, aber dann doch Ent-Würdigung, der wohl keiner entgehen kann, der auch nur zehn Minuten unfallfrei auf einer Bühne freizusprechen vermag und womöglich das ein oder andere Pointchen gewitzt zu setzen versteht. Aber „Vollblutpfleger“ will ich mich nicht nennen. „Vollblutpfleger“, nein, das ist ein schiefes Bild, eine unschönes, oder wie wir auf der Intensiv sagen: unrein. Und auch wollte ich mich keinesfalls alleine als Person gewürdigt sehen, sondern die gesamte Zunft, bitteschön, oder wie sie allgemein genannt wird: Die Pflege.

Aber nicht diesen kurzen solidaritätstriefenden Nebensatzlorbeer möchten wir hören, wie ihn spätestens seit Pandemiebeginn manchem Wortakrobaten hin und wieder entgleitet, üble Mode ist das geworden und bringt gar nichts. Soll er sich meinetwegen schnell einen bequemen Sonderapplaus einheimsen nebst dieser anstrengungsfreien Ich-stehe-für-den-kleinen-Mann-Sympathie. Aber dann soll er sich schleunigst von der Bühne trollen und sehr schämen. Denn kleine Männer sind sie nicht, meine Kolleginnen; und auch ich selbst von Statur her eher Mittelmass, aber ansonsten so was von gar nicht.

Wir haben ein komplexes Arbeitsfeld; das reicht von Teekochen bis Lebenretten und wieder zurück. Wir kennen den Menschen, Physis und Psyche, wir sehen, hören und riechen, was gesund ist und gut, und was nicht mehr; manchmal ahnen wir es auch nur, und sehr, sehr oft haben wir dann richtig geahnt. Wir kennen auch die Maschine. Wir wissen, wie das alles funktioniert, Mensch und auch Maschine und wie am besten zusammen, wenn es nötig wird. Wir verstehen die Kranken, und oft auch unsere Ärzte. Wir stehen irgendwo dazwischen, und wenn mal nicht, dann fehlen wir. Und zwar beiden. „Die Krankenpflege …“, hatte ich mal geschrieben, in den Corona-Chroniken damals, kulturnachrichten 10/21, „wird dargestellt wahlweise als ‚schönster Job der Welt‘ oder als eine Art naiv selbst gewählte Lebensstrafe, die man als Pflegekraft abzuarbeiten hat: dauerhaft überfordert, verkannt dabei und unterbezahlt. Die Wahrheit liegt nicht irgendwo dazwischen …“ Und dann im Resümee: „Es liegt an Dir.“ Und an der ersten halben Stunde, so wars bei mir jedenfalls. Ich habe als junger Mensch nach der ersten halben Stunde im Praktikum schon gewusst: Das will ich tun! Wenn Musik, Sprache und Bühne nicht reichen: Auch dieses ist mein Job. Und ehrlich: Das war nicht die schönste halbe Stunde damals. Aber daraus wurde der, na gut, zweitschönste Job der Welt.

Also: Fachkräfte gesucht! „Schnupper ́ mal rein“ gäbe auch ein schiefes Bild, und deshalb: Schau doch mal vorbei. Vielleicht wollen wir: Dich.

Fabian Lau ist Krankenpfleger, Musiker und freier Autor; manchmal das eine lieber, manchmal das andere, aber alles drei meistens sehr gerne. Er lebt in Malchen.

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