
Caricatura Museum, Frankfurt
Schön wär’s, wenn es so funktionieren würde, wie sich das der Herr vorstellt: „Alexa, demonstriere gegen Nazis!”, kommandiert er die virtuelle persönliche Assistentin von seinem bequemen Sessel aus. Was das mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Gerät – um mehr handelt es sich bei Alexa ja nicht – daraufhin antwortet, ist leider nicht auf dem Cartoon zu sehen. Im besten Fall kommt ein kluger Spruch zurück. Alexa kann nicht gegen die neue, alte Gefahr auf die Straße gehen.
Doch die Idee hat schon Witz, die eben mal so schnell auf ein Blatt gekritzelt zu sein scheint. Das ist typisch für Hauck & Bauer, das Cartoonisten-Duo, das nur ein paar flüchtige, wie leicht hingeworfene Striche für seine Einfälle benötigt. Farbe braucht es gleich gar nicht, die Witze funktionieren auch so gut. Es scheint, als sprudelten die Ideen nur so aus den Köpfen der beiden und würden sofort zu Papier gebracht.
Aber weit gefehlt, das Ganze ist viel aufwendiger, wie jetzt eine – leider derzeit noch geschlossene – Übersichtsschau im Frankfurter Caricatura-Museum an rund 250 Blättern, Fotos, Plakaten und anderen Werken aus den vergangenen 17 Jahren zeigt. Viel weiter zurück reicht ihr bekanntes Werk nicht, denn die beiden sind relativ jung, gerade mal 42 Jahre alt.
Elias Hauck zeichnet, Dominik Bauer textet. Und Hauck lebt in Berlin, Bauer in Frankfurt – so einfach kommen die Witze dann doch nicht aufs Papier.
Zuerst entsteht der Text, dann die Zeichnung, verrät das Duo. Dominik Bauer textet den Witz, dann zeichnet und testet ihn Elias Hauck auf seine Tauglichkeit. Details wie Bildaufbau, Gestik und Mimik werden später festgelegt, per Telefon oder Mail. „Spätestens beim fünften Hin und Her lassen wir die Idee lieber sein“, so Hauck und Bauer unisono, die gut im Geschäft sind. Für Anke Engelke haben sie Cartoonfilme gemacht, in der Sonntags-F.A.Z. sind sie regelmäßig vertreten.
Die beiden verstehen sich gut, kennen sich schon seit der gemeinsamen Schulzeit im unterfränkischen Alzenau. Die nahe Region bringt bekanntlich viele Cartoonisten hervor, etwa das schon bekanntere Duo Greser & Lenz. Doch Hauck & Bauer sind weniger tagesaktuell und politisch, sie finden ihre Witze eher im Alltag, wenn zwei sich auf der Straße treffen, beim Bier in der Kneipe klönen oder im Wartezimmer sitzen.
Es sind relativ „wortkarge Cartoons“, befindet Kurator Mark- Stefan Tietze, die Personen sagen nur das Nötigste. Nicht die Intellektuellen und Großbürger kommen zu Wort, sondern die Kleinbürger mit all’ ihren Ticks und Tricks. Zuweilen bleibt einem auch das Lachen im Hals stecken, wenn die schon etwas angeschickerte Frau am Kneipentresen zum Wirt sagt: „Man kann auch keine Kinder haben und keine Karriere machen!“ Mit den Figuren von Hauck & Bauer kann also jeder mitfühlen.
Und dass die Frau weder Kinder noch Karriere vorzuweisen hat, liegt bestimmt nicht an ihrem Aussehen – alle anderen sehen genauso unmöglich aus mit ihren langen Nasen, dicken Glotzaugen und abstehenden Haaren. Und die Frauen haben, na ja, etwas schief geratene Brüste. Einen
Schönheitswettbewerb gewinnen all diese alterslosen Damen und Herren ganz sicher nicht mehr. Aber die Kritzelfiguren sind zutiefst sympathisch, auch wenn sie ständig mit dem Zeigefinger herumfuchteln.
Elias Hauck zeichnet mit schwarzem Filzstift einfach drauflos – das ironische Kuratorenwort von der „Schwarzweißmalerei“ trifft es gut. Die Figuren sind aus dem Leben gegriffen, sie mühen sich redlich, kommen aber nicht recht voran. „Eine 5 in Religion?“, mäkelt der Vater beim Blick auf das Zeugnis. Der Sohn gibt sich zerknirscht: „Ich versteh’s auch nicht! Ich hab für eine 2 gebetet!“ Doch Dominik Bauers Humor kann auch bitterböse sein, wenn der Rollstullfahrer seinem Hund „Sitz!“ befiehlt. Der ist nicht blöd und antwortet prompt „Steh!“ – damit ist die Autorität von Herrchen futsch.
Zum Ausklang sind in der Galerie die ersten Cartoons ab 1994 dokumentiert – jeder hat ja mal klein angefangen. Aber auch dort oben, in luftiger Höhe über dem bekannten Werk, findet sich schon manche gelungene Blödelei.
Noch ein kleiner Hinweis für Neugierige: Rund 20 Cartoons sind auf der Website des Museums zu sehen, dazu gibt es fünf YouTube-Filme von der Eröffnung der Schau – immerhin hielt Anke Engelke die Laudatio.
Christian Huther
Bis April; www.caricatura-museum.de

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