
Rosemarie Fendel
Ihre Tochter hatte ich schon seit Langem verehrt: Suzanne von Borsody war mir bereits aufgefallen als Schauspielerin, die alles sein kann und alles werden: Diva, Hausfrau, Mörderin, Spiesserin, Trinkerin, Mutter, Geliebte oder alles in einem; still und großkopfert, abgestürzt und schön in ein und derselben Einstellung manchmal. Als ich ihre Mutter traf, wusste ich dann gleich, wo diese Schönheit herrührte.
Die Schönheit der Rosemarie Fendel zeitlos zu nennen, wäre ungenau. Alterslos schön war sie, schön ohne jegliche Dimension überhaupt, eine angenehme Erscheinung einfach, wie man sie nicht häufig erkennt. Die Schönheit der vergangene Jugend und des kommenden Alters waren bei ihr vereint mit der der Gegenwart; all das in diesem Gesicht, dazu die Schönheit eines noch nicht ganzen Lebens, die Schönheit, die all diese Begegnungen hinterlassen mit den Herausforderungen, die man handhaben kann und einordnen oder eben auch mal nicht, die sich nie vermeiden lassen und die einen oft entnervt, entsetzt, verletzt, verträumter, verwegener oder verschwiegener hinterlassen, und im besten Fall auch immer klüger; und in ihrem Fall eben offensichtlich auch immer schöner.
Ihre Verlegerin rief mich an; ich hatte vor einer ganzen Weile eine Kinder-CD geschrieben und eingespielt für den Verlag, und nun kam eine Anfrage für, ja, ist mir bewusst, ein bisschen sehr kurzfristig, also für, oha: Morgen nachmittag. Frau Fendel sollte eine neue Kinder-CD präsentieren in einer Buchhandlung ganz in der Nähe. Und dafür wünschte sie sich etwas Musik an ihrer Seite, spontan ohne Probe, improvisiert zwischen den Passagen, auf Blickkontakt, das müsste doch möglich sein. Sie sortierte sich gerade in einem Hinterzimmer, markierte ein paar Betonungen in ihrem Manuskript, wir wurden kurz vorgestellt, tauschten ein paar Höflichkeiten aus, solange stimmte ich die Gitarre, und da ging es schon los.
Bis ihr Zug fuhr nach der Lesung, blieb dann doch noch etwas Zeit. Wir saßen im Café, die Verlegerin und ich und Rosemarie Fendel erzählte: Von ihrem Leben, und von den Begegnungen und den Herausforderungen, die man handhaben kann und einordnen, die einen oft entnervt, entsetzt, verletzt, verträumter, verwegener oder verschwiegener hinterlassen, und im besten Fall auch immer klüger. Später trug ich ihr den Koffer ins Abteil und wir tauschten die Telefonnummern aus. Und einmal rief sich mich dann noch an: Sie wünschte sich etwas Musik an ihrer Seite, eine Lesung in Frankfurt, spontan ohne Probe, improvisiert, ja, etwas kurzfristig, also, oha: Morgen. Das müsste doch möglich sein. Aber diesmal war es das nicht, ich war schon anderweitig beschäftigt. Und so blieb es bei dieser einen Begegnung, dieser einen Herausforderung mit Rosemarie Fendel, spontan, ohne Probe, improvisiert. Wie es eben manchmal möglich sein muss.
Fabian Lau ist Krankenpfleger, freier Autor und Musiker. Er war zwanzig Jahre lang auf deutschsprachigen Bühnen unterwegs, und findet in seinen Fotoalben immer wieder mal interessante Wegbegleiterinnen aus dieser Zeit.
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