
Carmelo Greco setzt auch beim Lieferdienst die Gourmet-Maßstäbe in Rhein-Main
Das nicht mehr sehr scharfe, aber umso stillvollere und traditionsreiche WMF-Silbermesser aus dem Restaurant meiner Urgroßeltern zu Zeiten der vorletzten Jahrhundertwende arbeitet sich durch die Kalbsbäckchen wie durch das berühmte Stück Butter. Das dichte, feinwürzige Aroma der Rotweinreduktion dazu macht meinen Mund voll und die Geschmacksnerven glücklich. Hier hat ein wahrer Meister an meinem Herd in Arheilgen gestanden – der leider nicht ich selbst war. Carmelo Greco, seit einem Vierteljahrhundert Maßstab für die Sterneküche im Rhein-Main Gebiet, setzt selbigen auch beim Corona erzwungenen Trend „Gourmetküche to go“.
An einem dieser grauen, eiskalten Winterabende im Januar klopft es an meine Tür und mein Herz hüpft vor Vorfreude und auch ein bisschen vor Spannung auf das, was mich erwartet: Endlich wieder einmal ein fein balanciertes Menu aus der Sterneküche genießen. Aromenexplosionen, Entdeckungen, kochhandwerkliche Perfektion. Aber: Ob man das alles tatsächlich aufwärmen kann? Ob in meiner Küche und später in meinem Esszimmer Flair und vor allem Geschmack der Sterneküche imitierbar ist? Ich öffne die Tür und bin erstmal überrascht: Vor mir steht der Meister persönlich – Carmelo Greco, seit einem Vierteljahrhundert ununterbrochen mit dem begehrten Michelin-Stern ausgezeichnet und einer der besten und anerkanntesten Köche Deutschlands. Kein anonymer, gehetzter, menschenunwürdig bezahlter Lieferheld. Hier kocht der Chef noch selbst und fährt das Essen dann auch die 30 Kilometer zum Kunden. Er erklärt kurz die Bestandteile des Menus, was eigentlich gar nicht notwendig ist, denn die schriftliche Anleitung zum „Warmmachen“ ist aussagekräftig genug, dann verabschiedet er sich mit einem fröhlichen: „Wenn irgendwas nicht klappt, bitte anrufen“.
Also, auf zum Auspacken: Die Freude steigert sich, der Meister hat es sich nicht nehmen lassen, italienischen Spitzenkaffee, ein paar Muffins und zwei feine Käsemesser als Zugabe einzupacken. Dann rein ins Menu. Das Parmesantörtchen kommt kurz in den Ofen, Erbsenpüree und Orangen-Espresso-Reduktion werden im Kochbeutel erhitzt. Eine ironische Anekdote am Rande, dass diese Zubereitungsart bei Hobby-Gourmetköchen wie mir verpönt ist und in der Pandemie zu einem der wichtigsten Hilfsmittel der Sterne auf Rädern wurde. Die erste Vorspeise ist in sehr wenigen Minuten warmgemacht, mein Ikea-Kronleuchter mit echten Kerzen brennt, Abtei Muri Weißburgunder Riserva 2017 ist im Glas und da stellt es sich tatsächlich ein, zumindest ein bisschen: Das so geliebte und in Vor-Coronazeiten fast zu häufig initiierte Gefühl, Teil eines rauschenden kulinarischen Abends in einem herausragenden Restaurant zu sein. Weiter geht es mit dem Pastagang, frisch gemachten Tagliolini mit feinem weißen Kalbsragout. Dann die schon erwähnten, butterzarten Kalbsbäckchen, ein Carmelo Greco-Klassiker, der einen nicht nur in die vielen schönen Abende in seinem Frankfurter Restaurant, sondern von dort gleich weiter an einen klaren Winterabend unter dem Sternenhimmel der piemontesischen Hügellandschaft versetzt. À propos Kochbeutel: Bei der Beilage – herrlich fluffigem Kartoffelselleriepurée, der Mutter aller Beilagen wie ein anderer großer Koch, Harald Wohlfahrt einmal zu mir sagte – passiert das einzige kleine Malheur des aufgewärmten Gorumetabends am eigenen Herd: Ich habe das Wasser zu lange kochen lassen und einer der kleinen Beutel reißt – eine Portion Purée löst sich buchstäblich im Wasser auf. Macht aber nichts, denn die Bäckchen sind so fein und die Sauce so schmackhaft, dass sich das Glücksgefühl der Sättigung auch ohne die dafür vorgesehene Menge der Beilage schnell einstellt.
Das Menu endet mit fein gereiftem Parmesan und einer Panna Cotta mit Waldbeeren. Mit einem Gefühl, verwöhnt worden zu sein, sitzen Autor und Gäste am eigenen Esszimmertisch, der an diesem Abend zum Gourmettempel wurde, die Sterne leuchten Zuhause. Freilich holt uns beim Aufräumen und Spülen einige Stunden später die Realität wieder ein, denn dafür ist der Maestro leider nicht zurückgekommen..
Von Michael Ortmanns
Restaurant Carmelo Greco
Ziegelhüttenweg 1-3,
60598 Frankfurt
Telefon: 069 606 089 67
info@carmelo-greco.de,
www.carmelo-greco.de
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