Über den Wolken

„Chicken or Beef?“ war gestern – heute isst man in manchen Flugzeugen richtig gut

Diesmal erwischt es mich – als überzeugten Nicht-Frühstücker: Die Pfannkuchen meines Sitznachbarn auf dem Austrian-Airlines-Flug von Frankfurt nach Wien riechen so gut, dass ich doch auch welche nachbestelle. Der Gaumen hält, was die Nase versprach. Das von der Flugbegleiterin als „Edelschmarren“ bezeichnete Gebäck mit Blaubeeren, Marillenmarmelade und Ahornsirup schmeckt so köstlich, dass ich es nicht nur real bin, sondern mich auch mit allen Sinnen über den Wolken fühle.

Später am Tag fliegt mich Austrian Airlines, der österreichische Ableger der Lufthansa, weiter in die ägyptische Hauptstadt Kairo. Auch die Hauptspeise auf diesem Flug zwischen den Kontinenten zeigt: „Chicken or Beef“ war gestern, heute kann man in manchen Flugzeugen richtig gut essen. Und trinken. Jedenfalls in der Businessclass. Das Paprikahuhn ist fein abgeschmeckt, die hausgemachten Spätzle dazu schlicht eine Sensation. Dazu bietet Austrian die Wahl aus einem Sekt, je drei Weiß- und Rotweinen und sage und schreibe vier unterschiedlichen Bieren. Da mir irgendwie ausnahmsweise nicht nach Wein ist, bestelle ich ein Ottakringer Helles, ein feines, würziges, süffiges Bier aus Wien.

Ortswechsel, Einstieg in die Brussels Airlines Maschine SN465 auf dem Weg von Brüssel nach Kigali in Ruanda. Brussels ist so etwas wie das belgische Pendant zu Austrian: Eine ehemalige staatliche Fluggesellschaft in einem Nachbarland Deutschlands, die heute zur Lufthansa-Gruppe gehört. Im Gegensatz zur beschaulich-soliden österreichischen Fluglinie ist der Brussels-Vorgänger Sabena allerdings eine echte Legende. Die Belgier gründeten sich bereits 1923, sind damit drei Jahre älter als der heutige deutsche Mutterkonzern und flogen nicht nur bereits vor fast 100 Jahren regelmäßig in den Kongo, sondern waren auch Besitzer zahlreicher Luxusabsteigen überall auf der Welt – unter anderem des berühmt gewordenen „Hotel Ruanda“, von dem hier an anderer Stelle bereits die Rede war. Man begrüßt mich im Flugzeug mit einem Glas Jahrgangschampagner von Laurent Perrier, klar, ich hätte auch Wasser oder Orangensaft wählen können. Kaum über den Wolken geht es mit dem ersten offiziell so bezeichneten „regulären Getränkeservice“ weiter. Zehn verschiedene Biere werden mir angeboten, dazu noch einmal vier alkoholfreie. Ich entscheide mich für ein Stella Artois zur Vorspeise – auch weil ich die gut sortierte und mit Sachverstand zusammengestellte Weinkarte erst noch genauer unter die Lupe nehmen will. Es geht los: Sehr schmackhaftes Roastbeef mit grünem Spargel, Melone und Oliven. Dazu frischer Salat mit fein abgeschmeckter Vinaigrette und die unvermeidlichen Trüffel vom belgischen Pralinenstar „Neuhaus“. Weiter geht es mit einem richtig gut gegarten Kabeljaufilet mit Erbsen und Gemüsereis in feinem Sud. Das süße Dessert lasse ich aus, dafür gibt es drei feine belgische Käse, die den schlank-mineralischen südafrikanischen Chardonnay, den ich schon zum Fisch ausgewählt hatte, fein unterstützen.

Die Marketingmenschen von Brussels Airlines sprechen über ihre Businessclass als „Boutiquehotel über den Wolken“. Das Menu nennen sie ein „kulinarisches Sterneerlebnis“ und tatsächlich werden die Gerichte von belgischen Sterneköchen komponiert. Jenseits dieser Werbebotschaften habe ich an Bord eines Flugzeuges noch nie so gut gegessen, wie bei den Sabena-Nachfolgern. Einige Wochen später bekomme ich das Roastbeef als Variante mit Linsen und Gänseleber. Vorzüglich – genau wie das Huhn mit Rahmkohlrabi als Hauptspeisenalternative.

Die Nachbarn machen es also vor – und Lufthansa? Auch hier tut sich einiges. Der Marketingsprech ist mit „Tasting Heimat“ nicht ganz so gut gelungen, wie in Belgien, aber das Ergebnis verspricht einiges: Die Rote-Beete-Terrine mit Räucherlachs ist eine feine Überraschung und lässt mich für den Moment vergessen, dass ich in einem Flugzeug sitze.

Von Michael Ortmanns

 

Für unseren Autoren, Michael Ortmanns, 44 Jahre alt, Wahlheiner, beginnt eine Reise mit dem Reisen. Er ist deshalb mehr als erfreut, dass die Zeiten von „Chicken or Beef?“ vorbei zu sein scheinen und man heute in Flugzeugen richtig gut essen und trinken kann.

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